Henningsdorf. In der Gemeindevertretersitzung am 3. April 1933 wird, nachdem man das NSDAP-Mitglied Piccard zum kommissarischen Gemeindevertreter ernannt und die sechs KPD Mitglieder aus der Gemeindevertretung verbannt hat, die Umbenennung verschiedener Straßen und Plätze beschlossen.
So erhält die Stadt Hennigsdorf an diesem Tag sowohl eine Adolf-Hitler-Straße als auch einen gleichnamigen Platz, weiterhin eine Maikowskistraße. Außerdem wird es in der Stadt nun einen Leo-Schlageter-Platz und eine Horst-Wessel-Straße geben. Da diese drei Personen sogenannte „Blutzeugen“ waren. Am 18. Juli stimmt dieses Gremium dann noch einstimmig dafür, die nach dem jüdischen Dichter Heinrich Heine benannte Straße in Dietrich-Eckart-Straße umzutaufen.
Quelle: Helmut Fritsch: Demokraten aus Rathaus vertrieben. In: Stadt Henningsdorf (Hrsg.). Das dramatische Ende einer Demokratie, die Machtergreifung der Nazis in Hennigsdorf. Hennigsdorf 2012, S. 8.
Anmerkungen: Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Straßen und Plätze zu Zwecken der Propaganda und Machtdemonstration umbenannt. Vor allem gemeinschaftlich genutzte Plätze standen als Orte der kollektiven Identitätsbildung im Fokus der Nazis. Damit sollte die breite Masse angesprochen und auf die bedeutenden Persönlichkeiten der NSDAP eingestimmt werden. So stand die Straßennamensgebung während der Zeit des Nationalsozialismus ausnahmslos im Dienst der nationalsozialistischen Ideologie und des Führerkults.
Die sogenannten „Blutzeugen“ waren von den Nationalsozialist*innen hochgeschätzt, da sie für die Partei ihr Leben ließen und daher besonders gut als Märtyrer der Partei propagandistisch genutzt werden konnten. So wurde auch das oben genannte SA-Mitglied Hans Maikowski mit einem Straßennamen geehrt. Der SA-Mann kam bei einem Fackelzug der NSDAP anlässlich Hitlers Ernennung zum Reichskanzler ums Leben. Albert Leo Schlageter, der wegen verschiedener terroristischer Akte während der Besetzung des Ruhrgebiets von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt wurde, war für die Nazis ebenso ein „Blutzeuge“ wie der SA-Sturmführer Horst Wessel, der von einem Mitglied des kommunistischen Rotfrontkämpferbundes angeschossen wurde und später den Schussverletzungen erlag. Auch nach dem Schriftsteller und Verleger Dietrich Eckart wurden Straßen und Plätze benannt, weil er ein früher Anhänger des Nationalsozialismus war.
Im Rahmen der Entnazifizierung wurden ab 1945 Straßen und Plätze, deren Namen einen direkten Bezug zum NS-Regime hatten, wieder vollständig umbenannt.
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Autor: Linus Fuehrer, Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus