Potsdam. Beim Sitz der Potsdamer SPD und des Potsdamer Volksblatts in der Dortustraße 17 werden in der Nacht zum 14. Februar 1933 die Fensterscheiben eingeschlagen. Kurz zuvor wird eine Wahlkampfveranstaltung der SPD im Konzerthaus von der SA angegriffen.
Das sozialdemokratische Potsdamer Volksblatt berichtet am 14. Februar 1933 unter der Überschrift „Schaufenstersturm in Potsdam“: „Im Laufe der Nacht wurden in der Brandenburger Straße fünf Schaufensterscheiben, und zwar von den Geschäften Potsdamer Volksblatt, Konfektionsgeschäft Fleischer, Herrenartikelgeschäft Froitzheim und Warenhaus Hirsch […] zertrümmert. […] So wurden denn in unserem Geschäft zwei Schaufensterscheiben mit kopfgroßen Steinen eingeworfen. Die Schaufenster weiterer Geschäfte in der Brandenburger und Nauener Straße mussten ebenfalls dran glauben. Wer heute durch diese Straßen geht, wird sich als Bürger des Eindrucks nicht erwehren können, daß die Täter mit Absicht vorgegangen waren. So etwa wird es im dritten Reich aussehen. […] Eine Nacht hat gezeigt, daß der politische Terror auch in Potsdam einsetzen soll. Der Geist von Potsdam ruht nicht, die Träger dieses Vandalentums sind im gegenwärtigen Augenblick die Nazis. Wir werden uns zu wehren wissen.“
Am späten Abend des 13. Februar 1933 bittet ein Mitarbeiter des Potsdamer Volksblatts per Telefonnotruf dringend um Polizeischutz. Angehörige der NSDAP hätten die Schaufensterscheiben eingeschlagen und es würden Schüsse fallen. Vor dem Haus gebe es eine starke Menschenansammlung, die versuche, gewaltsam in die Geschäftsräume einzudringen. Es werden 18 Schutzpolizisten zum Einsatzort entsandt, wo sich die Lage daraufhin beruhigt. Vor Ort werden drei männliche Personen festgenommen.
Quelle: Potsdamer Volksblatt vom 14. Februar 1933
Anmerkung: Der Überfall ist nur einer der Schauplätze eines umfassenden Angriffs auf die Potsdamer Sozialdemokratie. Um 20 Uhr hatte die SPD im Konzerthaus an der heutigen Hegelallee eine Wahlkampfveranstaltung abgehalten, der sozialdemokratische Abgeordnete im Preußischen Landtag Erich Kuttner spricht vor 700 Menschen. Bereits hier kommt es zu Störaktionen durch die SA. Vor dem Konzerthaus wird Kuttners Auto von SA-Männern eingekesselt und die Insassen massiv bedroht. Nur ein großes Aufgebot der Polizei, das unter Schlagstockeinsätzen die SA zurückdrängt, ermöglicht einen sicheren Verlauf der SPD-Veranstaltung. Als eine Marschkolonne des sozialdemokratischen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold vom Veranstaltungsort zum SPD-Lokal Becker in die Lindenstraße 20 aufbricht, überzieht ein Mob aus über 200 Nazis die Potsdamer Innenstadt bis tief in die Nacht mit schweren Ausschreitungen. Die Gewalt richtet sich dabei nicht mehr allein gegen die Einrichtungen der SPD, sondern greift auf die Geschäfte jüdischer Gewerbetreibender über.
Die SPD gehörte neben der KPD zu den politischen Hauptgegner*innen der Nationalsozialist*innen. Die Funktionär*innen und Mitglieder der Partei wurden von Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft bei der Ausübung ihrer Arbeit behindert und wenig später systematisch verfolgt und in Lagern, Gefängnissen und Konzentrationslagern inhaftiert. Die Partei selbst wurde am 22. Juni 1933 verboten.
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