Zum Inhalt springen

Lübbener Lehrerin zwangsbeurlaubt

Lübben. Sophie-Charlotte Astrich, seit sieben Jahren verbeamtete Lehrerin an der Lübbener Mädchenmittelschule, erhält am 31. März 1933 einen Brief, in dem ihr der langjährige Lübbener Bürgermeister Karl Kirsch mitteilt: „Vorbehaltlich der Zustimmung der Regierung werden Sie hiermit von heute ab bis auf weiteres beurlaubt“.

Gründe für diese Maßnahme werden nicht genannt. Offensichtlich wird Frau Astrich für eine Jüdin gehalten, obwohl dem Bürgermeister ihre evangelische Religionszugehörigkeit bekannt sein muss. Von der Beurlaubung wird die 40-jährige Mittelschullehrerin in den endgültigen Ruhestand ohne Gehalt versetzt. Damit verliert Frau Astrich ihre Arbeitsstelle und ihr Einkommen. Am 21. Juli 1941 wird durch die Gestapo Frankfurt (Oder) das gesamte Eigentum und Vermögen Sophie-Charlotte Astrichs beschlagnahmt. Am 23. September 1941 begeht sie Selbstmord. Am 2. Oktober 1941 wird sie durch den Regierungspräsidenten in Frankfurt (Oder) offiziell enteignet. Ihr Vermögen inklusive ihres Hauses in der Lübbener Brunnenstraße 8 erhält das Deutsche Reich.

Quelle: Carola Gerlach: Schicksale Lübbener Juden in der NS-Zeit. Akten, Aussagen, Dokumente. In: Lübbener Forum gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit (Hrsg.): Das jüdische Lübben. Einblicke in eine vergangene Epoche. Luckau 2009, S. 37.

Anmerkungen: Der Lübbener Bürgermeister erfüllte im vorauseilendem Gehorsam das Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, das erst am 7. April 1933 in Kraft trat.  Mit diesem Gesetz entfernten die Nazis politische Gegner*innen,  jüdische oder vermeintlich jüdische Personen und weitere sogenannte „Nichtarierer“ aus dem öffentlichen Dienst.

In der Brunnenstraße 8 wurde in Gedenken an Sophie-Charlotte Astrich ein Stolperstein verlegt.

Autor: Linus Fuehrer, Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus.

Weiterführende Links:

Stolperstein für Sophie-Charlotte Astrich