Cottbus. In der Spremberger Straße 10 befindet sich das ehemalige Kaufhaus Schocken. Während des Boykotts hindern SA und Hitlerjugend die Kundschaft am Betreten des Kaufhauses.
Der Cottbuser Anzeiger vom 1. April 1933 meldet: „Auch in Cottbus wurde am heutigen Tage der Boykott gegen die Juden mit aller Schärfe durchgeführt. Diese Aktion zur Abwehr der verlogenen Greuelpropaganda im Auslande kam auch hier mit hundertprozentiger Wirkung zur Geltung. Ernste Zwischenfälle waren nicht zu verzeichnen.“
Quelle: Cottbuser Anzeiger: parteiamtliche Tageszeitung; amtliches Verkündigungsblatt der Stadtverwaltung Cottbus und des Landkreises Cottbus; Tageszeitung für die Lausitz; Lausitzer Landeszeitung vom 01. April 1933 (86. Jahrgang).
Anmerkung: Für den 1. April 1933 rief die NS-Führung unter dem Motto „Deutsche wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!“ reichsweit zum Boykott jüdischer Geschäfte, Banken, Arztpraxen und Kanzleien auf. Damit wurde eine Forderung aus dem NSDAP-Parteiprogramm von 1920 umgesetzt: die Verdrängung der deutschen Jüdinnen und Juden aus dem Wirtschaftsleben. Offiziell begründeten die Nazis die Aktion mit Protesten jüdischer Organisationen vor allem in Großbritannien und den USA. Diese hatten im Vorfeld das anwachsende antisemitische Klima in Deutschland kritisiert und einen Boykott deutscher Waren ins Gespräch gebracht. Das wurde als „jüdische Greuel- und Boykotthetze“ dargestellt und von der deutschen Presse auf Anweisung von Propagandaminister Joseph Goebbels ausgeschlachtet.
Die Gebrüder Simon und Salman Schocken führten seit 1913 das Warenhaus Schocken in der Spremberger Straße. Bis dahin hatten sie bereits Warenhäuser in Zwickau, Oelsnitz, Aue und anderen sächsischen Städten eröffnet. Es folgten Filialen in Nürnberg und Stuttgart. Bis 1930 expandierten sie zu einer der größten und erfolgreichsten Warenhausketten Deutschlands mit Hauptsitz in Zwickau. Während des Boykotts 1933 stellten sich SA-Leute und Hitlerjugend an den Eingang und hinderten die Kundschaft am Betreten des Kaufhauses. In den folgenden Jahren erfolgte die sogenannte Arisierung des Unternehmens, also der Zwangsverkauf unter Wert oder die Zwangsenteignung zugunsten Deutscher.
Ziel der örtlichen NS-Führung war es, die beliebte Bummel- und Einkaufszeile Spremberger Straße wie es hieß „judenfrei“ zu machen. So verschwanden aus der „Sprem“ auch die Kaufhäuser Waldschmidt, Brunner&Schießer, Bodanski, der Schuhhändler Wiehmen, die Fleischerei Kahler, der Tuchhändler Grüneberg und weitere jüdische Geschäfte.
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