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Damaliges Deutsches Reich: Boykott jüdischer Geschäfte

Damaliges Deutsches Reich. Der reichsweite Boykott von jüdischen Geschäften, Rechtsanwält*innen und Ärzt*innen am 1. April 1933 wurde mittels des durch Julius Streicher geführten „Zentral-Komitees zur Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykotthetze“ organisiert.

Die Boykottmaßnahmen standen unter der Parole „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht beim Juden!“ Kaufwillige wurden unter der Androhung von Gewalt von Mitgliedern der SS und SA am Betreten jüdischer Geschäfte gehindert. Darüber hinaus kam es zu Plünderungen und zahlreichen körperlichen Angriffen auf jüdische Geschäftsinhaber*innen. Auch wenn die Zustimmung unter der Bevölkerung eher verhalten war, stellt der „Aprilboykott“ den Beginn der Verfolgung und Unterdrückung der Juden*Jüdinnen in Deutschland dar. Nur sechs Tage später wurde mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums das erste antisemitische Gesetz verabschiedet.

Anmerkung: Mit dem „Aprilboykott“ leitete die NS-Führung die Umsetzung einer Forderung aus dem NSDAP-Parteiprogramm von 1920 ein: die Verdrängung der deutschen Juden*Jüdinnen aus dem Wirtschaftsleben. Offiziell begründeten die Nazis die Aktion mit Protesten jüdischer Organisationen vor allem in Großbritannien und den USA, die die zunehmenden antijüdischen Gewalttaten in Deutschland kritisierten und über einen Boykott deutscher Waren nachdachten. Diese „jüdische Greuel- und Boykotthetze“ schlachtete die deutsche Presse auf Anweisung von Propagandaminister Goebbels ab Ende März aus. Viele Firmen – wie das Kaffeeunternehmen Thams & Garfs – bekannten sich zum NS-Regime oder versuchten, Boykottmaßnahmen zu entgehen, indem sie öffentlich betonten, kein „jüdisches Unternehmen“ zu sein.

Den Boykott selbst bereiteten sogenannte „Aktionskomitees“ der NSDAP flächendeckend vor. Auch wenn die offizielle Anweisung lautete, dass die bewachten Geschäfte nicht geschlossen und nicht tätlich gegen sie vorgegangen werden sollte, kam es an vielen Orten zu Plünderungen und Angriffen auf Besitzer*innen, Angestellte und Kund*innen. Die Wachen von SA und SS duldeten oder förderten diese Ausschreitungen in der Regel und hinderten Kund*innen unter Androhung von Gewalt am Betreten der Geschäfte. Allerdings fand der Boykott nicht überall denselben Anklang, vor allem in katholisch geprägten Gegenden fiel die Beteiligung am Boykott schwächer aus. Am Abend des 1. April setzten die Nazis den Boykott aus, drei Tage später erklärten sie ihn für beendet.

Weiterführende Links:

Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums

Geschäftsboykott am 1. April 1933