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Boykott jüdischer Geschäfte in Luckenwalde

Luckenwalde. In der Breiten Straße 4 befindet sich das ehemalige Schuhgeschäft Gottschalk. Das Schuhgeschäft ist eines vieler jüdischer Geschäfte, das am 1. Mai boykottiert wird. An den Scheiben kleben Zettel mit der Aufschrift „Geschlossen! Schädlinge der deutschen Wirtschaft“.

Unter dem Titel „Abwehrkampf“ kündigt die Luckenwalder Zeitung am 31. März 1933 an: „Wie im großen Reich, so wird auch hier in Luckenwalde ab Sonnabend, den 1. April, vormittags 10 Uhr, über alle jüdischen Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte der Boykott verhängt.“

Quelle: Luckenwalder Zeitung vom 31. März 1933 (83. Jahrgang)

Anmerkung: Bei dem Aufruf handelt es sich um eine Mitteilung des örtlichen Aktionskomitees. Den Leser*innen wird bekanntgegeben, dass sich dieses Aktionskomitee am Vortag unter Beteiligung vieler Luckenwalder Vereine und Verbände gebildet habe. Einige dieser Vereine fehlen noch, sie werden wie die Einwohner*innen Luckenwaldes aufgefordert, dem Aktionskomitee beizutreten und die sogenannte Aktion Judenboykott zu unterstützen. Es wird außerdem darauf verwiesen, dass die Anordnungen des Zentralkomitees zur „Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykotthetze“ strengstens befolgt werden sollen.

Für den 1. April 1933 rief die NS-Führung unter dem Motto „Deutsche wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ reichsweit zum Boykott jüdischer Geschäfte, Banken, Ärzt*innenpraxen etc. auf. Sie leitete damit die Umsetzung einer Forderung aus dem NSDAP-Parteiprogramm von 1920 ein: die Verdrängung der deutschen Juden*Jüdinnen aus dem Wirtschaftsleben. Offiziell begründeten die Nazis die Aktion mit Protesten jüdischer Organisationen vor allem in Großbritannien und den USA, die die zunehmenden antijüdischen Gewalttaten in Deutschland kritisierten und über einen Boykott deutscher Waren nachdachten. Diese „jüdische Greuel- und Boykotthetze“ schlachtete die deutsche Presse auf Anweisung von Propagandaminister Goebbels ab Ende März aus.

Den Boykott selbst bereiteten sogenannte „Aktionskomitees“ der NSDAP flächendeckend vor. Auch wenn die offizielle Anweisung lautete, dass die bewachten Geschäfte nicht geschlossen und nicht tätlich gegen sie vorgegangen werden sollte, kam es an vielen Orten zu Plünderungen und Angriffen auf Besitzer*innen, Angestellte und Kund*innen. Die Wachen von SA und SS duldeten oder förderten diese Ausschreitungen in der Regel und hinderten Kund*innen unter Androhung von Gewalt am Betreten der Geschäfte. Allerdings fand der Boykott nicht überall denselben Anklang, vor allem in katholisch geprägten Gegenden fiel die Beteiligung am Boykott schwächer aus. Am Abend des 1. April setzten die Nazis den Boykott aus, drei Tage später erklärten sie ihn für beendet.

Weiterführende Links:

Geschäftsboykott am 1. April 1933

Biographie zu Bernhard Gottschalk

Audiowalk Luckenwalde – Station IV