Belzig. Am 1. April 1933 veröffentlicht das Zauch-Belziger Kreisblatt einen reichsweiten Appell: „Ein Boykott aller jüdischen Geschäfte und Waren“ solle die „Greuelpropaganda der jüdisch-beeinflussten Auslandspresse“ beenden. Auch die NS-Frauenschaft, die Frauenarbeit im Sinne der NS-Ideologie leistet, beteiligt sich an dem Appell.
Der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 beginnt in Belzig, wie überall im Reich, um 10 Uhr. SA-Männer nehmen Stellung vor Herrnbergs Warenhaus und dem Kaufhaus Bornheim. Herrnbergs Warenhaus war von Moses und Bertha Herrnberg gegründet worden. In dritter Generation führt es nun Rudi Sachs gemeinsam mit seiner Mutter Ida. Rudi Sachs erinnert sich rückblickend: „Im April 1933 wurde mein Betrieb boykottiert. Der Junge Sperfeld stand in Naziuniform vor meiner Ladentür, aber manche Leute kamen zum Einkauf zu uns durch das Hinterhaus Wallstr. 3.“
Quelle: Zauch-Belziger Kreisblatt, Nr. 91 vom 1. April 1933.
Anmerkung: Für den 1. April 1933 rief die NS-Führung unter dem Motto „Deutsche wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ reichsweit zum Boykott jüdischer Geschäfte, Banken, Ärzt*innenpraxen etc. auf. Sie leitete damit die Umsetzung einer Forderung aus dem NSDAP-Parteiprogramm von 1920 ein: die Verdrängung der deutschen Juden*Jüdinnen aus dem Wirtschaftsleben. Offiziell begründeten die Nazis die Aktion mit Protesten jüdischer Organisationen vor allem in Großbritannien und den USA, die die zunehmenden antijüdischen Gewalttaten in Deutschland kritisierten und über einen Boykott deutscher Waren nachdachten. Diese „jüdische Greuel- und Boykotthetze“ schlachtete die deutsche Presse auf Anweisung von Propagandaminister Goebbels ab Ende März aus.
Den Boykott selbst bereiteten sogenannte „Aktionskomitees“ der NSDAP flächendeckend vor. Auch wenn die offizielle Anweisung lautete, dass die bewachten Geschäfte nicht geschlossen und nicht tätlich gegen sie vorgegangen werden sollte, kam es an vielen Orten zu Plünderungen und Angriffen auf Besitzer*innen, Angestellte und Kund*innen. Die Wachen von SA und SS duldeten oder förderten diese Ausschreitungen in der Regel und hinderten Kund*innen unter Androhung von Gewalt am Betreten der Geschäfte. Allerdings fand der Boykott nicht überall denselben Anklang, vor allem in katholisch geprägten Gegenden fiel die Beteiligung am Boykott schwächer aus. Am Abend des 1. April setzten die Nazis den Boykott aus, drei Tage später erklärten sie ihn für beendet.
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