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Entrechtung jüdischer Rechtsanwälte

Potsdam. Den jüdischen Rechtsanwälten Dr. Ludwig Levy und Dr. Hans Hopp wird das Vertretungsrecht vor Gericht entzogen.

In der Potsdamer Tageszeitung vom 2. Juni 1933 heißt es: „Die Potsdamer Rechtsanwälte Dr. Levy und Dr. Hopp haben das Vertretungsverbot vor Gericht erhalten. Das gleiche gilt für  Rechtsanwalt Berthold Lehmann in Beelitz.“

Bereits im April 1933 erhält Levy ein erstes Betätigungsverbot als Rechtsanwalt. Am 27. Mai 1933 verhängt der Staatssekretär im preußischen Justizministerium, Roland Freisler, gegen Levy und seinen ebenfalls jüdischen Sozius Hans Hopp das Vertretungsverbot vor Gericht. Levy setzt sich jedoch juristisch zur Wehr und legt Widerspruch ein. Im Juni 1933 wird er verhaftet und ins Konzentrationslager Oranienburg verschleppt. Dort erfährt er, dass seinen Eingaben stattgegeben wurde und er als Rechtsanwalt wieder zugelassen sei. Doch bereits im Juli 1933 wird Levy die Zulassung abermals entzogen – diesmal endgültig.

Quelle: Potsdamer Tageszeitung vom 2. Juni 1933 (84. Jahrgang).

Anmerkung: Dr. Ludwig Levy wurde 1883 in Potsdam geboren. Der niedergelassene Rechtsanwalt ist als Sozialdemokrat seit 1928 Stadtverordneter in Potsdam. Levy ist Jude und Ritterkreuzträger des Ersten Weltkrieges. Nach seiner Wiederwahl als Stadtverordneter am 12. März 1933 wird er von den Nationalsozialisten dazu gedrängt, sein Mandat nicht anzunehmen.

Mit dem Erlass des so genannten Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurden jüdische und politisch missliebige Beamt*innen und Mitarbeiter*innen des Öffentlichen Dienstes systematisch aus ihren beruflichen Stellungen vertrieben. Am 10. April 1933 folgte das „Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“. Dem Wortlaut dieser Gesetze gemäß hätte Ludwig Levy als ehemaliger Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges vor ihrer Anwendung geschützt sein müssen.  Die Rechtswillkür des NS-Regimes verlegte sich jedoch darauf, Levy der angeblichen „Betätigung im kommunistischen Sinne“ zu bezichtigen – nicht, weil er selbst Kommunist gewesen wäre sondern weil er Mandant*innen vertreten hatte, die als Kommunist*innen galten. In seinen im Exil verfassten autobiographischen Aufzeichnungen schreibt Levy rückblickend:

„Was mir im Juli 1933 angetan wurde – die bedachte Vernichtung meiner Berufstätigkeit und meines Berufes überhaupt – brachte mir den Tod. […] Es war mein subjektives Erleben: mir war das Rückgrat gebrochen. Vorher der selbstbewusste, kraftbewusste Mann – jetzt wie ein verirrtes Schaf, wie ein Kind. Ich wusste mich nicht zu halten, zu wenden; ich war ohne Boden, […] ohne Hoffnung, dem Untergang geweiht. Die Ausmerzung der Juden aus dem deutschen Rechtsleben war die erste Aufhebung der Verfassung meines Deutschlands.“

Weiterführende Links:

Audiowalk Potsdam – Station II

Gesetzestext „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“