Havelberg. Die Havelberger Zeitung meldet am 9. September 1933, dass „gestern vormittag (…) der hier Havelstr. 44 wohnhafte Arbeiter Schrader, welcher beim Haveldurchstich beschäftigt ist, in der Glöwener Chaussee, in der Nähe von Friedrichswalde, durch den Förster Blötz in hilflosem Zustande aufgefunden (wurde).
Schrader ist schwer verletzt und wurde aus Veranlassung des Landjägermeisters Krüger aus Glöwen nach dem hiesigen Krankenhause gebracht. Wie wir soeben erfahren, ist der 44jährige Mann bereits in letzter Nacht verstorben“.
Zwei Tage vorher, am 7. September 1933, war der Bauarbeiter Anton Schrader vom SA-Sturm Havelberg zum Gasthaus „Deutsches Haus“ geschleppt, misshandelt und angeschossen worden. Danach überließen die SA-Leute den Schwerverletzten in einem Wald seinem Schicksal.
Nachdem Anton Schrader in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, konnte er noch einer Krankenpflegerin von den Misshandlungen erzählen. Aus Angst vor Repressalien durch die SA ließ diese sich in eine andere Stadt versetzen. Der damalige Bürgermeister Wein leitete ein Untersuchungsverfahren ein. Niemand wurde jedoch während der Herrschaft der Nationalsozialist*innen wegen der Gewalttat zur Rechenschaft gezogen.
Quellen:
Havelberger Zeitung vom 9.9.1933 / LA Potsdam Rep.161 Objekt 04 ZB 2090
Anna Dora Miethe: Gedenkstätten, Leipzig 1974, S. 247
Anmerkungen:
Anton Schrader wurde am 25.4.1889 in Wosseden, Kreis Heilsberg in Ostpreußen geboren.
Erst im Jahr 1947 wurde einer der Täter zu 10 Jahren Haft verurteilt. Alle anderen Mittäter*innen wurden nicht gefasst. In der DDR wurde später am ehemaligen Kino in der Pritzwalker Straße eine Gedenktafel angebracht, die an den Mord erinnerte. Auf der Tafel war zu lesen: „Zum Gedenken an Anton Schrader, Bauarbeiter, im Herbst 1933 von SA-Schlägern im Wald bei Havelberg erschlagen“. Nach der Wende verschwand die Gedenktafel spurlos.
In Havelberg vor dem ehemaligen Wohnhaus Anton Schraders in der Havelstraße 44 wurde 2014 auf Initiative der Enkelin eines der beteiligten SA-Männer ein Stolperstein verlegt, der an Anton Schrader erinnert.
Havelberg liegt zwar heute im Bundesland Sachsen-Anhalt, bis 1952 gehörte die Stadt aber zum Landkreis Westprignitz im Land Brandenburg.
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