Neuruppin. Am Gebäude des ehemaligen Kreisarbeitsamtes in der Virchowstraße 1 werden die Hakenkreuz- und die schwarz-weiß-rote Fahne gehisst.
Am 9. März 1933 verkündet die Märkische Zeitung: „Gestern Nachmittag um 6 Uhr traten auf dem Schinkelplatz 20 Stahlhelmer und 20 SA-Männer an, marschierten zum Arbeitsamt und forderten dort das Hissen der nationalen Flaggen.“
Zu dieser Aktion versammelt sich, wie das Blatt berichtet, eine große Zuschauermenge. Die Verantwortlichen im Arbeitsamt kommen dem Verlangen der NS-Anhänger*innen nach – sie hissen die Hakenkreuz- und die schwarz-weiß-rote Fahne. Daraufhin verliest der sogenannte Kreisführer ein Telegramm an den Reichsarbeitsminister Franz Seldte. Darin verkündet er, dass die Flaggen erfolgreich auf das Arbeitsamt gesetzt wurden. Darüber hinaus fordert er in dem Schreiben die „Ausräumung der Linksbürokratie“ und die Beschaffung von Arbeit. Die Kundgebung wird mit dem sogenannten Hitlergruß beendet.
Quelle: Märkische Zeitung und Anzeiger für Stadt und Kreis Ruppin vom 9. März 1933.
Anmerkung: Die Nationalflagge Deutschlands war seit 1919 schwarz-rot-gold. Reichspräsident Paul von Hindenburg bestimmte mit einem Erlass vom 12. März 1933, dass nun wieder die alte kaiserliche Flagge mit den schwarz-weiß-roten Streifen und zusätzlich die Hakenkreuzflagge die Nationalflaggen Deutschlands sein sollten. Die schwarz-weiß-rote Reichsflagge war für Monarchist*innen und rechtsgerichtete Kräfte bereits während der Weimarer Zeit ein Symbol ihrer Ablehnung der Republik gewesen. Ab 1935 galt dann nur noch die Hakenkreuzfahne als die alleinige Nationalflagge.
Der sogenannte „Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten“ wurde 1918 von dem Reserveoffizier Franz Seldte gegründet. Er war ein Zusammenschluss ehemaliger Soldaten des Ersten Weltkrieges und stand der demokratiefeindlichen Deutschnationalen Volkspartei, der DNVP, nahe. Ab 1929 bekämpfte der paramilitärisch organisierte Stahlhelm offensiv die Weimarer Republik und verbündete sich mit den Nationalsozialisten. Im Oktober 1931 schlossen sich der Stahlhelm, die NSDAP und die DNVP zur sogenannten Harzburger Front zusammen. In gewaltig inszenierten Aufmärschen attackierten sie gemeinsam die Weimarer Republik.
Franz Seldte war Reichsarbeitsminister im ersten Kabinett unter Hitler. Im April 1933 trat er der NSDAP bei. Seldte blieb bis zum Ende des NS-Regimes Reichsarbeitsminister, besaß jedoch im Kabinett Hitlers wenig Einfluss. Nach Kriegsende sollte er im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess angeklagt werden, starb jedoch kurz vor der Anklageerhebung in einem amerikanischen Militärlazarett.
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